Praxis für Sexualmedizin & Paartherapie - Köln

_Vorzeitiger Samenerguss

Definition
Ursachen und Folgen
Hilfen

 

 

 

Definition

 

Unter dem lateinischen Fachbegriff Ejaculatio praecox (EP) versteht man einen vorzeitigen Samenerguss. Was "vorzeitig" genau heißt, kann dabei - innerhalb einer Partnerschaft - sehr unterschiedlich wahrgenommen werden. Im Gegensatz zu den Vorstellungen, die durch Medien, Literatur und Pornographie produziert werden, hat sich in wissenschaftlichen Studien gezeigt, dass die meisten Männer beim Geschlechtsverkehr innerhalb von drei bis vier Minuten zum Orgasmus kommen. Es gibt einerseits Männern, die bereits nach einigen Stößen zum Samenerguss kommen. Sie können den Zeitpunkt des Orgasmus nicht willentlich beeinflussen. Einige Männer kommen regelmäßig sogar schon vor dem Eindringen und ohne großartige Stimulation zum Samenerguss.
Andererseits gibt es Männer, die ihren Samenerguss wesentlich länger zurückhalten können, bis dahin, dass sie den Zeitpunkt der Ejakulation bewusst steuern können. In Untersuchungen hat man festgestellt, dass 90% der von einer Ejaculatio praecox betroffenen Männer regelmäßig innerhalb einer Minute nach dem Eindringen zum Samenerguss kommen Männer, die von der Problematik eines vorzeitigen Samenergusses betroffenen sind, berichten oft von einem ausgeprägten sexuellen Interesse und leichter Erregbarkeit. Ab einem bestimmten Punkt, oft dem Einführen des Penis, ist das Erregungsniveau für sie nicht mehr kontrollierbar, so dass es gegen ihren Willen zum Samenerguss kommt. Es wird versucht, diesem Kontrollverlust mit Ablenkung (an etwas Nicht-erregendes denken) oder Technik (Vermeidung von Bewegung beim Geschlechtsverkehr) entgegenzuwirken, so dass der Spaß an der Sexualität für beide Partner verloren geht. Um den enormen Leidensdruck, den die EP verursacht, verstehen zu können, ist es sinnvoll und wichtig, die Problematik innerhalb einer Partnerschaft genau zu betrachten. Ein vorzeitiger Samenerguss wird meistens in der gemeinsamen Sexualität als Problem erlebt aber nur selten bei der Selbstbefriedigung, auch wenn die Zeit der Stimulation bis zum Orgasmus ähnlich lange dauert. Daran wird deutlich, dass nicht die Zeit bis zur Ejakulation ansich das entscheidende Problem ist, sondern hauptsächlich die mit einem vorzeitigen Samenerguss verbundenen Versagensgefühle und Befürchtungen, die Partnerin nicht zufrieden stellen zu können bzw. sie zu enttäuschen. So kann leicht ein Kreislauf aus Versagensängsten, vermehrter Selbstbeobachtung und Leistungsdruck entstehen, der die Symptomatik noch weiter verstärkt.

Häufigkeit

 

Der vorzeitige Samenerguss ist das häufigste sexuelle Problem bei Männern. Beinahe jeder Mann wird gelegentlich einen als "zu früh" empfundenen Samenerguss erleben. Dass dies häufiger oder immer vorkommt und dadurch zum Problem wird, ist bei ca. 25-30% der Männer der Fall. Dabei gibt es beim vorzeitigen Samenerguss Formen, bei denen das Problem seit jeher besteht (primäre EP), wie auch Varianten, bei denen der vorzeitige Samenerguss neu auftritt, nachdem es zuvor keine diesbezüglichen Schwierigkeiten gab (sekundäre EP).

 

Was sind die Ursachen und Folgen?

 

Man geht heute davon aus, das eine Vielzahl von Faktoren den vorzeitigen Samenerguss verursachen. Dabei spielen biologische, psychologische und partnerschaftliche Aspekte eine wichtige Rolle. Die Steuerung des Samenergusses ist ein komplexer Vorgang in Gehirn und Nervensystem. Welche Anteile dort wie und wo genau zusammenarbeiten ist derzeit Gegenstand der Forschung. Insgesamt ist der wissenschaftliche Kenntnisstand über die Ursachen der EP  unbefriedigend, zum Teil widersprüchlich und empirisch noch nicht wirklich überzeugend belegt. Die EP ist nur selten die Folge einer körperlichen Erkrankung, z.B. einer Entzündung im Genitalbereich. Oftmals bestehen dann aber auch noch andere Symptome. Medikamente, die als Nebenwirkung einen vorzeitigen Samenerguss bewirken, sind nicht bekannt. Obgleich bezüglich der organischen Ursachen ein teilweise uneinheitlicher Wissensstand besteht, ist über psychische und partnerschaftlichen Folgen der EP mehr bekannt:
Hier steht die Angst, zu versagen und die Partnerin nicht ausreichend befriedigen zu können, häufig im Vordergrund. Dem Orgasmus der Partnerin wird von betroffenen Männern oftmals ein höherer Stellenwert beigemessen, als dem eigenen. Einerseits setzen sie sich damit unter Leistungsdruck, ihre Partnerin zu befriedigen, aber andererseits lehnen sie deren sexuelle Aktivität häufig ab, weil sie befürchten, dass sie sonst zu schnell erregt werden könnten. Die Partnerin fühlt sich dadurch in ihren sexuellen Reaktionen bedrängt oder kontrolliert und reagiert ihrerseits mit Rückzug. Das wiederum bestätigt den Mann in seinem Gefühl, ein schlechter Liebhaber zu sein. Betroffene Männer sind meist bestrebt, ihren Samenerguss hinauszuzögern; sie versuchen z.B. sich beim Sex abzulenken, indem sie an etwas anderes denken. Außerdem achten sie verstärkt auf die Reaktionen ihres eigenen Körpers. Dieses Verhalten kann bei der Partnerin zu einem Gefühl führen, beim Sex nicht mehr richtig wahrgenommen zu werden, was dann verletzend erlebt wird. Von den Männern, die sich "ernsthaft anstrengen und bemühen", alles richtig zu machen, wird dies erneut als eine Bestätigung ihres Unvermögens gewertet.
Vielfach wird der frühzeitige Orgasmus als Versagen negativ erlebt. Er wird als Beweis der eigenen Unzulänglichkeit abgewertet. Es kommt häufig vor, dass die Betroffenen in diesem Moment fluchen oder sich entschuldigen, was wiederum zu heftigeren negativen Reaktionen seitens der Partnerin führen kann als der vorzeitige Samenerguss als solcher. In der Partnerschaft kann so ein destruktiver Kreislauf entstehen, der bei beiden Partnern zu einer tiefgreifenden Frustration führt. Die Hoffnung darauf, jemals gemeinsam eine befriedigende Sexualität zu erleben, ist häufig stark erschüttert. Sexualität wird so als Quelle von Frustration, Hilflosigkeit und Ohnmacht erlebt und deshalb lieber vermieden.

 

Welche Hilfen gibt es?

 

Den meisten Männer kann es gelingen, das Problem des vorzeitigen Samenergusses in den Griff bekommen. Eine Sexualtherapie, bei der auch die Partnerin mit einbezogen wird, stellt die Therapiemöglichkeit mit der besten Prognose dar. Eine gemeinsame Behandlung ist grundlegend sinnvoll und ratsam, da es sich bei dieser sexuellen Störung auch um ein Problem der partnerschaftlichen Sexualität handelt. In vielen "Sexual-Ratgebern" sind Selbsthilfeübungen beschrieben, die alleine oder zu zweit durchgeführt werden können. In manchen Fällen kann dies erfolgreich sein, die komplexe Partnerschaftsdynamik der Störung übersteigt jedoch oft die Möglichkeit der Selbsthilfe. Dann ist professionelle sexualmedizinische Hilfe gefragt

 

Medizinische Hilfe

 

An medikamentösen Hilfen gibt es zum einen Präparate, die direkt auf den Penis aufgetragen werden. Dabei handelt es sich um Cremes, Gels oder Sprays, die lokal wirkende Betäubungsmittel enthalten und so die Sensibilität herabsetzen. Vor dem Geschlechtsverkehr müssen diese Mittel entfernt werden, damit der Wirkstoff nicht mit der Scheidenschleimhaut in Berührung kommt und dort gleichfalls eine Gefühllosigkeit hervorruft. Daneben gibt es auch spezielle Kondome, die von innen mit einem leichten Betäubungsmittel benetzt sind.
Zum werden seit Jahren bestimmte Antidepressiva eingesetzt, die als Nebenwirkung die Ejakulation verzögern können. Diese Präparate sind jedoch für die Behandlung der Ejaculatio praecox in Deutschland nicht zugelassen und zudem verschreibungspflichtig.  Als weitere Nebenwirkungen können dabei u.a. Erektionsstörungen und Lustlosigkeit auftreten. Eine damit verwandte Substanz, die auch seit 04/2009 offiziell für die Behandlung des vorzeitigen Samenergusses zugelassen ist, ist das Dapoxetin (Priligy®). Diese Medikamente sollten nicht mit Alkohol kombiniert werden. Vom Hersteller des Priligy wird während der Einnahme das Führen von Fahrzeugen und Bedienen von Maschinen nicht empfohlen. Mit Medikamenten kann zwar ein Verlängern der Zeitspanne bis zum Samenerguss erreicht werden, aber die vielfältigen oben genannten Schwierigkeiten, die im Vorfeld des Problems innerhalb der Partnerschaft entstanden sind, können so nicht behandelt werden. In wie fern  - auch angesichts möglicher Nebenwirkungen und Kosten (nicht von der Krankenkasse erstattungsfähig) - die Medikamente eine langfristige Lösungsperspektive darstellen, muss jeder für sich entscheiden. Es besteht jedoch die Option, diese Präparate im Rahmen einer sexualtherapeutischen Behandlung unterstützend einzusetzen.

 
Zurück